.



.





.

12/10/2009

Gänsebraten vs. Unterbüx – 10. Dez.


 .



Gänsebraten vs. gelbe Unterbüx










Letztens habe ich einen Teil der Mittagszeit geskypt. Jawohl! – keine Siesta, sondern ein interkontinentaler Gedankenaustausch hatte Vorrang. Unter anderem kam natürlich – wie kann es auch anders sein – das unvermeidbare Thema „X-MAS“ auf. Nun weiß natürlich jeder – ob nun dies- oder jenseits des großen Teichs –, dass es im wahrsten Sinn der Worte himmelweite Unterschiede gibt.

Das fängt ja schon mit dem Christbaum an. Der mitteleuropäische Perfektionist kauft eben diesen so früh wie möglich. Ende September bis Anfang Oktober und natürlich frisch bei Vollmond mit einer Axt für Linkshänder geschlagen. In dieser Datumsspanne hat er noch die Auswahl, bekleckert sich seinen frisch gewaschenen Astra nicht mit saurem Schmelzeis und hat lange etwas von dem vollkommenen Bäumchen. Auch ist die Zeit bis zur Heiligen Nacht noch ausreichend bemessen, um auf ein 10er-Pack Sekundenkleber als Wochenangebot des nächsten Discounters zu hoffen. Die braucht er auch, denn die Nacht vom 23. auf den 24. Dezember verbringt er damit,  in penibler Kleinarbeit die zahlreich abgefallenen Tannennadeln wieder an das Edelgewächs zu kleben.

Wenn der Uruguayer überhaupt zu Tannengrün greift, dann wird dieses Vorgehen  im Eilverfahren erledigt. Kurz in der Garage oder im Fondo suchen, das beplastikte Generationsteil schnell einmal unter Wasser halten, etwas in Form biegen und gut ist es.  Unlängst habe ich jemanden gesehen, der seinen Kunstbaum auf dem Fahrrad an den Strand transportiert und zur Entstaubung in die Wellen gehalten hat. 

Während Muttern in Deutschland schwitzend und schon Tage vorher alle Küchengeräte malträtiert, um neben Bergen von Plätzchen auch ein opulentes Menü vorzubereiten und zum Fest der Liebe (egal, ob nun am 24. oder 25. Dez.) lange vor dem ersten Hahnenschrei das gefüllte Traditionsgeflügel mit der Androhung, jede halbe Stunde zum Begießen zurückzukommen, in die Röhre  schiebt, kauft der Uruguayer erst am 24. Dezember die mindesterforderliche Riesenmenge Asadofleisch und -wurst, Massen von Flauta, süßklebrige Torten und zur Dekoration sogar ein paar Salatblätter, eine überschaubare Menge rot gereifter Paradiesäpfel und ………………………..Böller.

Bis ausreichend wohltemperierte Holzkohle produziert ist, wird die Zeit zwischen zahlreichen Mateaufgüssen und viel Smalltalk mit der Platzierung der Tannenkünstlichkeit verkürzt. Diesen längeren Moment wieder nutzt der Deutsche, um sich wohlgefällig und festlich anzuhübschen, um zumindest einmal jährlich die über das ganze Jahr gezahlte Kirchensteuer auf harten Holzbänken abzusitzen. Manche nutzen diese rituale Auszeit aber auch für ein nettes Verdauungsschläfchen während der Geisterstunde, ….äääh Mitternachtsmesse. Aquavit und Jägermeister machen so müde.

Das Quantum des genossenen oder verbrauchten Alkohols dürfte in beiden Ländern wohl gleich sein. Während aber der jüngere Deutsche nach erzwungener Anstandsanwesenheit („….solange du deine Füße unter meinen Tisch stellst….!“) mit Gleichgesinnten die Disco stürmt, zieht sich das ältere Semester eher übersättigt, unzufrieden mit der Wahl der Weihnachtspräsente, dafür aber reich an Umtauschkassenbons und begleitet von einem letzten „Oh, Tannenbaum“ und „Karl-Heinz, es war doch wieder richtig gemütlich?!“  in das Schlafgemach zurück.

Der Uruguayer dreht genau zu dem Zeitpunkt – Zeitverschiebungen mal außen vor gelassen – erst richtig auf und sucht alle Zutaten für ein ordentlich krachendes  Feuerwerk um Punkt 0.00 h zusammen, um es dann im Straßenkollektiv hemmungs- und orientierungslos zu verballern. Reserven für den Jahreswechsel sind nicht von Nöten. In der Woche bis Silvester lässt sich ausreichend Nachschub erwerben.

Und noch etwas: haben Sie schon einmal zu Weihnachten gelbe Dessous, im Volksmund auch Leibwäsche genannt, geschenkt bekommen? Ich nicht. Zumindest nicht, solange ich noch in Deutschland gelebt habe. Hier ist das Verschenken von mindestens einem gelben Zartgewebe oder einer sonnigen Unterbüx – sogar mit Eingriff – Tradition. Das körpernahe Tragen eben dieser osterglockenfarbigen Bekleidung während des Jahreswechsels verspricht Wohlstand im kommenden Jahr.


© VINTAGE
URUGUAY LIFE FIBEL A-Z



.