4/23/2010

Uruguay?

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Langsam, aber spürbar wird es kälter. Der Herbst zeigt sich fast täglich mit Morgennebel, recht kühlen Nächten und einem spürbaren Temperaturrückgang gegen Abend. Während einige Bäume die Blätter abwerfen oder schon kahl sind, behalten andere ganzjährig ihr grünes Kleid und produzieren neue Triebe und Blüten. Die Jahreszeiten sind seitenverkehrt. Nähert sich auf der anderen Seite der Erdhalbkugel der Sommer mit Riesenschritten, beginnt in Uruguay der Kauf von Kaminholz und mein Bedarf an Heißgetränken steigt.

Der Einzelhandel hat sich entsprechend gerüstet und bietet dicke Pullover und Stiefel, warme Jacken, Mützen, Schals und Handschuhe an und der Verkauf von Heizstrahlern rückt gut platziert in den Vordergrund.

Das hört sich jetzt vielleicht dramatisch und eisigkalt an, aber der Uruguayer friert schnell. Sobald das Thermometer max. 15º C zeigt, wird Winterbekleidung getragen. Dabei ist es tagsüber oft so schön warm, dass selbst ein leichter Pulli zu viel ist. Die ganzjährig idealste Bekleidung ist der Zwiebellook: Schicht auf Schicht ;). Selbst im Winter sinken die Temperaturen selten unter 0º und noch viel seltener gibt es Morgenfrost.

Umgekehrt sind auch die Sommermonate sehr angenehm. Die Temperaturen steigen im Januar und Februar häufig über die 30º-Marke, aber das ist gut auszuhalten. Speziell im Küstenbereich weht immer ein leichter Wind. Im Januar, während der Hauptsaison, ist im ganzen Land Urlaubszeit und die Kinder genießen die Sommerferien von Mitte Dezember bis Anfang März in vollen Zügen. Hinzu kommen noch zwei Wochen Ferien im Juli und diverse freie Tage durch gesetzliche und erfundene Feiertage. Selbst der Tag, an dem der ab diesem Jahr amtierende Staatspräsident sein Amt übernommen hat, wurde kurzerhand als Feiertag erklärt und die Geschäfte blieben zu *bg*.

Der Zeitunterschied zu Deutschland beträgt im Moment minus fünf Stunden und zu Australien minus 13 Stunden. Während also viele von euch schon längst die Kartoffeln für das Mittagessen geschält oder gar das Abendessen vorbereitet haben, freue ich mich auf meinen ersten Morgenkaffee ;) Das ändert sich aber vier Mal jährlich. Anfang Oktober beginnt in Uruguay wieder die Sommerzeit. Dann sind es nur noch vier Stunden Unterschied. Und wenn Ende Oktober in Deutschland die Winterzeit startet, beträgt die Differenz drei Stunden. Umgekehrt im März. Erst sind es vier Stunden, ein paar Tage später fünf Stunden. Verwirrt? *lach*

Die Mehrheit der Uruguayer hat einen spanischen oder italienischen Ursprung. So ist das Land sehr europäisch und viele Dinge des täglichen Bedarfs nicht groß anders, als gewohnt und bekannt. Grillen steht auf der Favoritenliste neben Fußball und Familie ganz oben. Einige Produkte sucht man jedoch vergeblich. Bis heute habe ich noch keinen Quark, keine Lakritz und kein Roggenmehl entdeckt. Auch muss ich auf die guten, altbewährten Suppenwürfel statt auf gekörnte Brühe aus dem Glas zurück greifen und Luxusartikel, wie Gewürzgurken, Matjesfilets, Schokicreme oder z.B. die altbekannte Creme in der blau-weißen Dose sind sehr teuer. Dabei gibt es zahlreiche deutsche Produkte und viele international bekannte Firmen exportieren nach Uruguay.

Über dieses kleine Land zwischen Argentinien und Brasilien wird selten gesprochen. Vielleicht bei den Fußballfans oder im Zusammenhang mit dem Film „Das Haus in Montevideo“ mit Heinz Rühmann und Ruth Leuwerik. Der Film wurde jedoch nicht in Montevideo, sondern in Babelsberg gedreht *bg*.

Von den rund 3,5 Mio. Einwohnern leben rund 1,5 Mio. in der Hauptstadt Montevideo und ein weiterer Großteil im Bereich des Küstenstreifens zwischen den beiden Nachbarländern. Je weiter man ins Landesinnere kommt, umso weitläufiger werden die freien Flächen und die Abstände von Haus zu Haus größer.

Vor gar nicht so langer Zeit wurde ich gefragt, ob es stimmt, dass die meisten Uruguayer in Slums leben und halbnackt herum laufen. Tzzzzz…. Es gibt in der Tat viele Menschen, die mit wenig Geld auskommen müssen, deren Häuser kaum die Bezeichnung „Haus“ verdient und die in Gebieten leben, die wir verwöhnten Europäer nicht einmal in der Mittagszeit befahren, geschweige denn betreten würden.

Die Mehrheit lebt komplett angezogen und nicht mit Baströckchen bekleidet in „normalen“ Häusern ;). Da jedoch die meiste Zeit des Jahres ein Leben im Freien mit wärmender und sogar bräunender Sonne möglich ist, wird längst nicht so viel Wert auf Optik, Einrichtung, Dekoration oder Interior-Konsum gelegt. Auch ist das Ambiente eher zusammen gewürfelt, bunt und stammt aus zahlreichen Quellen. Auch hier spiegelt sich die spanische und italienische Mentalität stark wieder. Dafür hat fast jeder Uruguayer ein oder mehrere Handys, viele auch Internetanschluss und selbstverständlich einen möglichst großen Fernseher, der den ganzen Tag in Betrieb ist.

Im ganzen Land sieht man wunderschöne neue und alte Häuser mit herrlichen Antiquitäten und supermodernen Einrichtungen incl. aller technischer Raffinessen. Zu gern würde ich das eine oder andere Objekt einmal von innen fotografieren!

Es gibt natürlich noch ganz viel mehr über und zu Uruguay zu berichten, aber ich möchte euch nicht mit einem elendig langen Monolog langweilen. Ich denke, dass ihr es mir schon mitteilt, wenn ihr mehr erfahren möchtet oder spezielle Fragen habt :) .

Und damit ihr einen Eindruck davon bekommt, an welchem Platz ich auch viel Zeit verbringe und gerade diesen Text geschrieben habe, hier noch einige Fotos von meinem sichtbar viel benutztem Schreibtisch und der unmittelbaren Umgebung. Hier entstehen viele Kreativ-Ideen und funken hin und wieder Geistesblitze… ;) 








 
Vintage

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