7/12/2009

Uruguay - Helden

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Helden sind vergänglich...












Als Kinder haben wir mit Helden gebibbert, ihre Abenteuer mit glühenden Wangen verfolgt und wären zu gern auch Pipi Langstrumpf, Lederstrumpf oder Spiderman gewesen. Es ist aber nicht so simple, ein Held zu werden. Und kompliziert wird es, den vorbildlichen Lorbeerkranz in die Ewigkeit glorreich mitzunehmen.




Geschichten über historische Charaktere gibt es mehr, als wir alle ver- und ertragen können. Antiquariate sind voll davon, das Internet quillt über, Schüler werden von unberechenbaren Lehrergenerationen mit rühmlich-heroischen Jahreszahlen und Geburtsdaten gequält.



Dabei hat es sich inzwischen bis zum fast letzten Groupie herum gesprochen, dass sich diese Akteure nicht nur überlebt haben, sondern dass sie ihre Glorie fast ausschließlich durch hinzu gedichtete Glanztaten und die sich wiederholenden Jahrestage noch innehaben. Nicht nur zufällig wird ein Held auch als Haudegen und Streit- oder Kampfhahn bezeichnet.



Für das aktuelle Dasein und den täglichen Kampf um das Überleben eignen sich Abhandlungen, die stark an Autobahnstaus zur Urlaubszeit erinnern, und Mehrfachaufgüsse zu Schulabbrechern und Lassoschützen in der heutigen Zeit nicht mehr. Da können die Poesiealben- und Gebetsmühlenbildchen noch so gesegnet und wohl platziert sein – nur eine nicht messbare Interessengruppe quält sich aus Höflichkeit bis zum achten oder neunten Absatz.




Manch einer denkt, dass er ein wenig des Goldstaubs für sich erhaschen kann, wenn er seinen Fonds rund 65.000 unterschiedlich große Buchstaben und brave Platzhalter zu einem gestretchtem Thema entlockt hat, zu dem Google rund 3 Millionen Einträge liefert.




Freuen wir uns doch einfach über die vielen "Nationalheld"-Plätze und -Straßen bei Sonnenschein und über die künstlerisch unterschiedlichen Büsten, Monumente und Denkmäler, die den Tauben eine angenehme Landeplattform bescheren.






















Moderne und wahre Helden müssen sich nicht erst allmorgendlich durch einen Spiegelblick von ihrer Existenz überzeugen. Sie bedürfen auch keiner täglichen Selbstconchierung, um die Luftbläschen des Kopfinhalts auf ein Minimum zu reduzieren, den teilweise bitteren Beigeschmack ihrer Aktivität zu vertreiben und um sich selbst zu veredeln.



Heute bedarf es mehr, als nur schön, strahlend, sportlich und scheinbar unvergänglich zu sein. Ein Held muss waffenlos ohne Verbalentgleisungen das Siegertreppchen besteigen und dabei seine Interessen hinten anstellen. Erreicht er diesen Spiellevel nicht oder verzieht sich bei Widerständen in die Nanny-Schmoll-Ecke, landet er unweigerlich im Exil der Antihelden und Jammerer.



Echte Helden drängen nicht ins Rampenlicht. Sie agieren im Stillen. So auch unter vielen anderen die Helfer des Frauenhauses Casa de Salud de La Unión und der Frauenkommission der Stadt Montevideo, die sich seit Jahren gegen Gewalt gegen Frauen engagieren. Oder die Streetworker, die Tag für Tag Hilfe zur Selbsthilfe anbieten und unverdrossen Perspektiven aufzeigen, obwohl sie viel zu oft auf Mauern der Ablehnung stoßen.




Der französische Dichter Romain Rollande formulierte die Definition „Held“ so: „Der Held ist jemand, der tut, was er kann. Die Anderen tun dies nicht.“



Und es ist so einfach und bedarf so wenig, auch in Uruguay hin und wieder ein kleiner Held, wenn auch ohne Lorbeerkranz und Schleife, zu sein. Wer allerdings nur danach trachtet, in die Fußstapfen seines vermeintlichen Vorbildes zu treten, wird es nie überholen können und ewig Zweiter bleiben.




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Artigas




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