9/29/2009

Uruguay Kultur

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SOMMERZEIT !!!








In der Nacht von Samstag, den 3. Oktober auf Sonntag , den 4. Oktober 2009 werden um 2.00 h morgens in Uruguay die Uhren von der Winterzeit auf die Sommerzeit um 1 Stunde vorgestellt.


Für die Kids und Youngster tragisch, da ihnen eine Stunde Discotime gemopst wird. Für andere bedeutet dies, dass der Zeitunterschied zu Deutschland nur noch 4 Stunden beträgt und für die restlichen Betroffenen, dass vorübergehend morgens der Weg zur Kaffeemaschine erst einmal wieder ertastet werden muss, dafür der Sundowner eine Stunde später kredenzt wird.





Freitag, 18. September 2009



Beeinflusst eine andere Kultur das eigene Leben?















Ja! Anfänglich bin ich häufig an der perfektionierten südkontinentalen Mentalität verzweifelt und konnte einige Gebräuche und Handlungsweisen nur schwer nachvollziehen. Inzwischen gehört der „typisch“ Alltag wie selbstverständlich zu meinem Leben. Ich habe mir aus beiden Kulturen das Beste zum Wohl einer gesteigerten Lebensqualität heraus gepickt. Dafür fällt es mir zunehmend schwerer, einen Konsens zur deutschen Mentalität zu finden. ;)



Ich erinnere mich noch genau, als ich das erste Mal auf uruguayischem Boden einen Rindfleischeintopf kochen wollte und dazu neben dem Fleisch und Gemüse einige andere Zutaten benötigte. Mein Tunnelblick hat mich ausschließlich auf die Suche nach gekörnter Brühe geführt und ich war höchst irritiert, eben diese Gläser mit losem Pulver nicht finden zu können. Die Idee, zu altbewährten Brühwürfeln zu greifen, hat sich durch jahrelange Einkaufprogrammierung nicht .




Was taten mir die an fast jeder Straßenkreuzung in abgerissener Bekleidung stehenden Kinder leid, die mittels ein paar trainierter Handbewegungen mit zwei oder drei alten Tennisbällen versuchen, täglich ein paar Pesos zu erschnorren. Nun ja – heute bewerte ich diese netten Versuche auch anders.




Vor ein paar Wochen rief mich Frau Gomez an, um mir mitzuteilen, dass die von mir in Auftrag gegebenen Artikel fertig gestellt sind und ich sie abholen könne. Selbstverständlich wurde ich, nach der - trotz Schweinegrippe - obligaten Küsschenbegrüßung, ins Haus gebeten.




Frau Gomez lebt mit ihren drei Kindern und ihrem Mann in einem kleinen Häuschen in Norte. Ihr Mann ist für ein staatliches Unternehmen tätig und sie bemüht sich, durch kleine Auftragsarbeiten ein wenig zum Familieneinkommen beizutragen.




So war es nicht verwunderlich, dass ich beim Schritt durch die Haustür gleich in der Küche, die aus einer zwei Meter kurzen Zeile, einem Herd und einem Kühlschrank besteht, stand. Über dem Spülbecken ist ein winziges Fenster und bei der Findung passender und abwaschbarer Gardinen war die Hausfrau höchst kreativ. Sie hat in der Tat rechts und links des Fensters eine aufgeschnittene Aldi-Tüte gehängt. Schön blau-weiß, praktisch und passgenau. Vorderseite links, Rückseite rechts.




Meinen leicht verstörten Blick hat sie – dem Himmel sei Dank! – falsch gedeutet und mir erzählt, dass sie die Tüte geschenkt bekommen hat, sie die Farben für die Küche richtig schön findet und ganz glücklich ist, dass sie nun hübsche Vorhänge hat, von denen sie mit einem Wisch die Hinterlassenschaften zahlreicher Sommerfliegen beseitigen kann. Ich habe ihr spontan versprochen, meinen Fundus zu durchforsten und konnte zwei, drei unverbrauchte und unzerknitterte Tüten-Vorhänge ein paar Tage später zum Wechseln beisteuern. Frauen dekorieren ja gern von Zeit zu Zeit um.




Zum Dank durfte ich nicht sofort wieder gehen, sondern musste erst noch von einer leckeren Tarta kosten, Brause trinken und die Rückkehr des Hausherrn abwarten.



Ich hatte mir in Deutschland immer eine Palme im Garten gewünscht. Ein überflüssiges Unterfangen, wenn das arme Ding mindestens 7 Monate im Jahr in einer ummauerten und frostfreien Unterkunft verbringen muss. Jetzt habe ich eine Palme und damit der recht hohe Stamm nicht so einsam steht, bekam sein Fuß einen Schuh aus gepflanzten Stiefmütterchen.




Diese Woche hatte ich endlich einmal Zeit, die Versicherung für mein Auto entsprechend der neuen Gesetzgebung abändern zu lassen. Außerdem fehlte immer noch eine Plakette. Damit alles seine Ordnung hat, kam der Mitarbeiter nach Erledigung der Formalitäten mit vor die Tür und begutachtete in freundlicher Manie die wesentlichen Bestandteile des Fahrzeuges.




Nun fahre ich nicht gerade ein taufrisches, nicht einmal ein „fast neuwertiges“ Fahrzeug. Das heißt, das Türschloss auf der Fahrerseite fehlt wohl schon mehr als zehn Jahre. Versicherungstechnisch nicht ok, aber hier kein Problem. Die Änderung des Vertrages ist „aktenkundig“ und bei Gelegenheit, wenn ein neues Schloss eingebaut ist, soll ich noch mal zur Präsentation vorbei kommen. Der volle Versicherungsschutz besteht trotzdem. Da stellt man sich nicht so an.




Apropos Zeit: der Mensch ist tatsächlich ein echtes Gewohnheitstier. Morgens werden die Dinge erledigt, die auf der gedanklichen Abhakliste stehen, danach werden die Kochtöpfe bemüht und anschließend folgt eine entspannende Siesta mit Nickerchen. In Uruguay ist die Mittagszeit kein vom Aussterben bedrohtes Wort, sondern wird gelebt.




Der Automechaniker schließt seine Werkstatt um ein Uhr und macht eineinhalb bis zwei Stunden Pause, im kleinen Supermercado an der Ecke bekommt man auch erst ab 14.30h wieder fehlende Lebensmittel und in der Ferretería dampft maximal das heiße Wasser für den nächsten Mate.




Daran habe ich mich gaaaaanz schnell gewöhnt und diese Sitte kommt meinem Rhythmus sehr entgegen.




Sonntagabend und es fehlt Butter für das Abendessen? Kein Problem – die Lebensmittelgeschäfte haben bis 22.00 Uhr, in den Sommermonaten sogar länger, geöffnet. Niemand muss also seinen Kaffee ohne Milch trinken oder Spontangelüste bis zum nächsten Werktag unterdrücken.




Im Treppenhaus habe ich eine Schimmelstelle entdeckt. Unschön und ungesund. Es ist auch nicht nur oberflächlich, sondern rührt von Feuchtigkeit, die unter dem Putz ist. Die vermutete Eintrittstelle habe ich gefunden. Der tiefgründige Schimmel mit all seinen Sporen und Auswüchsen muss dennoch entfernt werden. Google sagt: alles lose Zeugs entfernen und gegebenenfalls sogar mit einer Drahtbürste bearbeiten. Anschließend mit reinem Alkohol großzügig abwaschen, trocknen lassen, bei Bedarf neu verputzen und streichen.




Also habe ich mich heute zum Alkoholkauf aufgemacht. Uhhiii – spontan entbrannte eine halbstündige Diskussion, ob 100%iger Alkohol besser ist oder doch lieber zu 100%igem Chlor gegriffen werden soll.




Ich meine mich zu erinnern, dass reiner Alkohol in Deutschland nur und ausschließlich in Apotheken zu erwerben ist und dann auch nur eine 60 oder 70%ige Lösung. Chlor in allen Formen ist inzwischen wohl ebenso vom Markt verschwunden, wie schnell wirksame Unkrautvernichterkeulen.



Morgen soll es regnen. Der richtige Tag also, um gleich morgens die volle Geruchsladung Alkohol zu inhalieren und den Rest des Tages entspannt auf dem Sofa zu verbringen. Sicherheitshalber habe ich schon vorgekocht. ;)





© VINTAGE



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